Essen und Kultur: Der Fastenmonat Ramadan

Published On: 2. Mai 2022Categories: Blog, Praktika

Essen ist für viele Menschen mehr als die reine Nahrungsaufnahme. Wir decken den Tisch, bereiten bestimmte Mahlzeiten zu bestimmten Festen zu und pflegen Rituale und Traditionen. Wir verbinden mit Essen Gefühle und Gemeinschaft. Essen und Kultur sind unmittelbar miteinander verwoben. Das erlebt mein Berliner Büro zurzeit direkt mit, denn unsere IPS-Praktikantin Iroda fastet. Noch bis zum 3. Mai dauert der muslimische Fastenmonat Ramadan an. Iroda erzählt euch, wie es ihr dabei geht: 

Das Fasten ist eine der fünf Säulen des Islams!

Dieses Jahr begann der heilige Fastenmonat Ramadan für uns Muslim:innen am 2. April. Ich freue mich, dass ich auch dieses Jahr wieder daran teilnehmen kann. Das Fasten im Monat Ramadan zählt zu den sogenannten „fünf Säulen des Islams“ und gehört für mich als Muslimin einfach dazu. Jedoch muss man laut Vorschriften des Islams gesund sein und das Fasten ohne gesundheitliche Einschränkungen durchführen können. Das ist schon allein deshalb wichtig, weil es für den Körper eine Belastung sein kann, einen Monat lang nur zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang Nahrung zu sich zu nehmen.

Durch das Fasten im Glauben bestärkt

Aus meiner Sicht sollte man aber nicht nur deshalb fasten, weil es eine religiöse Pflicht ist. Man muss es auch gerne tun, weil es sonst sehr anstrengend ist. Denn es steckt viel mehr Bedeutung dahinter, dass wir auf Essen und Trinken verzichten. Die Fastenzeit verbinde ich mit vielen Hoffnungen und Wünschen und auch den Glauben daran, dass meine Wünsche in Erfüllung gehen werden. Ich fühle mich in meinem Glauben bestärkt und näher an Gott, fühle mich mit Gott verbunden. Beim Fasten kämpfe ich außerdem mit meinen menschlichen Begierden – Appetit und Heißhunger – und lerne, damit umzugehen und Geduld zu haben. Denn im Islam ist die Begierde ist eine Sünde. Meine nicht-muslimischen Freund:innen fragen häufig, warum auch das Trinken während des Fastens verboten ist. Das ist im Vergleich zum Nicht-Essen viel härter. Dadurch erkennen wir, wie wertvoll natürliche Quellen sind und wie viel man sie schätzen muss. Essen und Trinken sind nichts Alltägliches, sondern etwas Besonderes. Wir lernen wieder, Wasser, Lebensmittel und natürliche Ressourcen wertzuschätzen und nicht verschwenderisch mit ihnen umzugehen. Wir erinnern uns während und nach dem Fastenmonat auch daran, Mitgefühl mit Menschen zu haben, die nichts oder sehr wenig zu essen haben. Das Fasten macht uns dankbar, dass wir außerhalb des Ramadans genug zu essen und zu trinken haben.

Am Ende des Ramadans die Belohnung: Das Zuckerfest

Am Ende des Ramadans gibt es eine Belohnung: das Zuckerfest! Das wird mit Familie und Verwandten an einem schön gedeckten Tisch gefeiert. Bei uns in Usbekistan bereiten wir eine typische Spezialität für den Ramadan zu: „Bo’g’irsoq“. Wie bei Windbeuteln wird dessen Teig aus reichlich Milch, Hefe, Backpulver und Salz gemacht und in Öl frittiert. Wenn die „Bo’g’irsoqs“ fertig sind, werden sie sowohl unter den Familienangehörigen als auch an die Nachbar:innen verteilt.

Zuckerfest gemeinsam mit Familie und Freund:innen

Da ich seit drei Jahren in Deutschland lebe, kann ich das Zuckerfest nicht jedes Jahr mit meiner Familie feiern. Stattdessen feiere ich mit Freund:innen. Ich freue mich sehr darüber, wenn sie mir mit großem Interesse und Respekt zuhören, wenn ich über den Ramadan und über das Fasten erzähle. Sie feiern das Zuckerfest auch gerne mit mir zusammen und freuen sich auf „Bo’g’irsoq“ und andere usbekische Gerichte.