Lobby für das Handwerk und für Frauen in Handwerksberufen
Vor kurzem habe ich Nicole Rohlfs in Dreye besucht. Sie ist Tischlermeisterin, hat den Betrieb ihrer Eltern übernommen und ist seit kurzem auch Obermeisterin der Tischler-Innung im Landkreis Diepholz. Ich habe einen Bericht über sie im Weser Kurier gelesen und sie um einen Termin gebeten.
Das Handwerk nach vorn bringen,
das habe ich mir auf die Fahne geschrieben. Wir müssen viel mehr auf die Möglichkeiten hinweisen, die es bietet. Ich freue mich über jedes Beispiel, was mich in diesem Handeln bestärkt und bestätigt. Also war ich ganz schön neugierig auf Nicole Rohlfs. Auch bei ihr renne ich offene Türen ein. Ich treffe eine enorm positive Frau, die ein echtes Vorbild für auch für junge Frauen sein kann, denn auch diese Botschaft ist wichtig: Das Handwerk wird immer mehr auch bei jungen Frauen beliebt: Heizungsinstallateurin, Maurerin, Schlosserin, Malerin und vieles mehr.
Das Handwerk hat ein enormes Potenzial
Der Gesellenbrief ist erst der Anfang. Das war ein Satz, der sich mir eingeprägt hat. Er kam von Jens Leßmann, Kreishandwerkerschaft. Er klärte mich darüber auf, was es alles für Möglichkeiten gibt. Nach der Ausbildung kann man den Handwerksmeister machen. Eine weitere Möglichkeit ist der Industriemeister. Mit jedem dieser Meistertitel kann man studieren, bzw. gilt der Meistertitel als Bachelor Professional. Es gibt auch das Triale Studium, welches Ausbildung, Studium und den Meistertitel von vorneherein inkludiert.
Jede*r im eigenen Tempo
Aber ich möchte auch betonen: Jede*r ist wichtig, dort wo sie/er leistet. Denn alle zusammen ergeben erst das große Ganze, machen das System komplett. Nicht jede*r hat Lust, die große Karriere zu machen, zum Glück. Und manchmal kommt der Karriere-Gedanke auch erst später, wenn es um die Familienplanung geht. Oder man ist ein Spätzünder, so wie ich es war. Ich hatte mit 15 Jahren einfach noch keine Vorstellung, wie mein berufliches Leben aussehen könnte.
Experten-Talk Berufliche Bildung in der Pandemie
Dazu hatte ich im Frühjahr eingeladen. Experten aus der Kreishandwerkerschaft, der IHK, den Berufsschulen, den ausbildenden Betrieben und unsere Bundestagsabgeordnete Marija-Liisa Völkers aus dem Nachbar Wahlkreis hatte ich zu dieser Runde eingeladen. Sie ist auch stellvertretende Vorsitzende der Enquete Kommission Berufliche Bildung. Neben den Auswirkungen der Pandemie ging es darum, was wir tun können, damit die Berufliche Bildung wieder mehr Ansehen erhält. Eltern haben den größten Einfluß auf ihre Kinder. Und wollen bekanntlich nur das Beste für ihre Kinder. Das Beste ist aber nicht immer das Abitur. Das Beste ist das, was Kinder gern tun. Was sie wachsen lässt. Was ihnen Selbstvertrauen gibt.
Aufklärung ist ein Schlüssel
Als meine Kinder zur Schule gingen, ging es in der vierten Klasse bereits los: Kinder wurden Richtung Gymnasium gedrängelt. Was damit passiert ist, ist aus meinen Augen in mehreren Richtungen falsch. Einmal ist die Botschaft an Haupt- und Realschüler: Aus euch wird nix! Abgestempelt, von vornherein. Die, die aufs Gymnasium gequält wurden, hatten von Anfang an den immensen Druck des möglichen Scheiterns. Und die, die dann doch “runter” mussten auf “Real” oder “Haupt”, waren: gescheitert. Liest sich schlimm, finde ich auch schlimm. Was ich mir wünsche und wofür ich eintrete ist, an Kinder zu glauben. Sie zu fördern und zu fordern. Das Beste aus ihnen herauszuholen, ganz nach ihren Möglichkeiten. Um Eltern ins Boot zu holen, müssen wir sie aufklären. Wir müssen auch die Lehrer*innen mit ins Boot holen, als Ansprechpartner für die Eltern und für die Kinder. Betriebe müssen ihr Handwerk noch mehr in den Schulen vorstellen können. Das Abitur ist nicht immer das sinnvolle Ziel für die Kinder!
Unterstützung für das Handwerk kann dem Fachkräftemangel vorbeugen
Wenn wir es schaffen, das Handwerk mit all seinen Möglichkeiten wieder hoch zu halten, dann beugen wir auch dem Fachkräftemangel vor. Denn das Handwerk sucht händeringend nach Auszubildenden und nach Ausgelernten und wir alle brauchen die Handwerker und suchen auch oft genug händeringend nach ihnen.